Nach einer kritischen, rechtsvergleichenden Übersicht und eingehender Untersuchung wurde aufgezeigt, dass ein Urheberrecht des Bühnenregisseurs an seiner Inszenierung in Deutschland schon de lege lata möglich ist. Auch zeigte sich für die deutschsprachigen Länder, dass ein Blick auf die Erkenntnisse und die rechtlichen Lösungen in den romanischen Nachbarländern zur Erhellung mancher Problematik förderlich sein könnte.
Wie jede Bearbeitung erlangt eine Bühneninszenierung erst dann Werkqualität, wenn die Schutzvoraussetzungen des urheberrechtlich schützbaren Werkes von UrhG 2 II erfüllt sind. Sind sie erfüllt, geniesst der Bühnenregisseur als Schöpfer der Inszenierung denselben Schutz wie der Urheber eines selbständigen Werkes, unbeschadet des Urheberrechts am Originalwerk, welches der Inszenierung zugrunde lag.
Wegen der Verwandtschaft mit den Tätigkeiten des Filmregisseurs und des Übersetzers ist eine urheberrechtliche Schlechterstellung gegenüber diesen beiden im Rahmen des geltenden Urheberrechtssystems schwer zu rechtfertigen.
Wegen des rechtlichen Abhängigkeitsverhältnisses von Bühneninszenierung und Schriftwerk wird die rechtliche Lage der Autoren nicht beeinträchtigt. Der Autor kann bei Verletzung seines Urheberpersönlichkeitsrechts ein Aufführungsverbot erwirken.
Vor allem im Verhältnis zwischen Regisseur und Bühnenleitung wäre eine Anerkennung eine Urheberrechts förderlich, weil dadurch die gegenseitigen Rechte und Pflichten genauer definiert würden. Ferner hat es sich in der Praxis gezeigt, dass ein Schutz gegen Nachahmung erforderlich ist und dass die Folgen für die Bühnenpraxis nicht hinderlich sind, wie die Erfahrung aus den verschiedenen Ländern belegen, welche ein Urheberrecht des Bühnenregisseurs kennen.
Obwohl schon heute aus positivrechtlicher Sicht ein Urheberrecht des Bühnenregisseurs an seiner Inszenierung durchaus möglich ist, wäre de lege ferenda, in Anlehnung an die portugiesische Lösung, eine eigene Werkgattung Inszenierungswerke, welche unbeschadet des Urheberrechts am inszenierten Originalwerk wie selbständige Schöpfungen geschützt sind, zur Verdeutlichung der Rechtslage wünschenswert. Die Bedeutung der Bühneninszenierung als gleichwertiges und selbständiges Kunstwerk neben dem literarischen Werk ist noch nicht überall durchgedrungen. Dies hängt auch mit der immanenten Trägheit des Normensystems des Rechts zusammen, wo man gegenüber der kulturellen Entwicklung regelmässig mit einer Phasenverschiebung von einigen Jahrzehnten zu rechnen hat. Vor allem in einer künftigen Urheberrechtsrevision sollte dieser Umstand nicht ausser Acht gelassen werden, will das Urheberrecht für neue Entwicklungen und Aspekte offen bleiben und nicht erstarren.
Diese Studie ist der Versuch, eine übersichtliche Darstellung der mannigfachen rechtlichen Gestalt der Bühneninszenierung zu geben und dem Bühnenregisseur seinen Platz im geltenden Urheberrechtssystem zu weisen, den Ausgleich der verschiedensten Interessen zu finden, welche um eine Bühneninszenierung kreisen, und eine für die Praxis ausgleichende und gerechte Lösung anzubieten, damit die Arbeit auf der Bühne nicht durch unnötige juristische Streitereien belastet wird.
Nach den juristischen Ausführungen soll nochmals erinnert werden, dass der Bühnenregisseur sein Werk nur immer in Zusammenarbeit mit anderen Künstlern erbringt, was allein auf der Basis gegenseitigen Vertrauens und Respektes gedeihen kann. Sind diese zwei Grundfesten gemeinsamen Schaffens geschwunden, ist die Fortsetzung des Verhältnisses stark gefährdet. Deshalb soll vor einer Überschätzung der Rechte des Bühnenregisseurs und vor einer vorschnellen Anwendung der ihm zustehenden Rechtsbehelfe gewarnt werden. Sie sollen immer nur als ultima ratio ins Spiel gebracht werden, wenn alle anderen Mittel versagt haben und man wirklich zur Überzeugung gelangt ist, dass lediglich mit Einschalten der Justiz eine Lösung herbeigeführt werden kann.
Ars longa - vita brevis.