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Umgehung von Sanktionen über den Kunstmarkt

Economic Crime, 7. März 2022

Sanktionen können über den Kunstmarkt umgangen werden. In der Schweiz ist der Kunstmarkt nicht dem Geldwäschereigesetz unterstellt. Dies ist ein Risiko. Nicht nur für den Markt, sondern auch für die Reputation der Schweiz. Um das zu ändern, muss der Kunstmarkt transparenter und den Regeln des Finanzmarktes unterstellt werden.

Internationale Sanktionen können über den Kunstmarkt umgangen werden. So geschehen, nachdem Russland die Krim annektiert hatte: Mehrere Oligarchen standen auf der Sanktionsliste des Westens, darunter die Brüder Arkadi und Boris Rotenberg. Beide sollen zum «inneren Zirkel» des russischen Präsidenten Wladimir Putin gehören. Die drei kennen sich bereits aus ihren Jugendjahren im heutigen St. Petersburg. Im Vorfeld der Winterspiele im russischen Sotchi sollen die Brüder mit staatlichen Bauaufträgen rund 7 Millionen Dollar erwirtschaftet haben. Arkadi Rotenberg erhielt nach der Annexion der Krim den Auftrag für den Bau der Brücke vom Festland auf die Halbinsel. Heute gehören sie zu den ersten, deren Vermögen seit dem Einmarsch der Russen in die Ukraine eingefroren wurden.


Kunstmarkt und Briefkastenfirmen

Obwohl die beiden Brüder seit 2014 auf den Sanktionslisten der USA stehen und amerikanische Firmen seit damals keine Geschäfte mehr mit ihnen machen dürfen, haben sie im New Yorker Kunstmarkt für fast 20 Millionen Dollar eingekauft. Unter anderem Werke wie die «Femmes dans un paysage» von Pierre-Auguste Renoir oder «La Poitrine» von René Magritte. Eine Vermittlungsperson hat die Kunstwerke im Auftrag von Firmen erworben, die den Brüdern Rotenberg gehörten oder finanziell mit ihnen verbunden waren. Im Zentrum der Kunstkäufe stand gemäss einem Bericht des Ermittlungsausschusses des US-Senats eine von anderen Familienmitgliedern kontrollierte anonyme Briefkastenfirma «Highland Ventures». René Magrittes «La Poitrine» wurde im Frühjahr 2014 von einem privaten Kunsthändler an die angebliche Direktorin der «Highland Ventures» verkauft. Eine Überprüfung des Senatsausschusses ergab, dass die «Highland Ventures» auf Boris Rotenburg zurückzuführen war. Ein Teil der Kaufsumme habe, heisst es im entsprechenden Bericht, der Kunsthändler über zusätzliche Briefkastenfirmen erhalten, die auf den Bruder Arkadi Rotenberg zurückgehen.

 

«Unter einem Schleier der Geheimhaltung»

Bei den Käufen handelt es sich um Geschäfte, wie sie im Kunsthandel üblich sind: Gemäss Kongressausschuss soll sich das Auktionshaus auf den guten Ruf der Kunstvermittler verlassen und kaum Nachforschungen zu den wirtschaftlich Involvierten angestellt haben. Der Kunstmarkt arbeite «unter einem Schleier der Geheimhaltung und sei der grösste, gesetzlich nicht regulierte Markt in den Vereinigten Staaten». Weder unterstehe er den Regeln des Finanzmarkts, noch jenen zur Bekämpfung der Geldwäscherei. Vor allem fehle die Pflicht, die Identitäten der Kunden offenzulegen.

 

Schweiz im Abseits

Das gleiche lässt sich auch für die Schweiz sagen: Zwar gilt es Sorgfaltspflichten bezüglich der Herkunft von Kunstwerken einzuhalten, doch fällt die Herkunft des Geldes für den Kauf nicht darunter. Im Gegensatz zur EU, die bereits die fünfte Geldwäscherei-Richtlinie erlassen hat, unterstehen in der Schweiz der Kunsthandel, das Auktionswesen sowie das Logistik- und Lagerwesen nicht den Regeln zur Bekämpfung der Geldwäscherei oder der Terrorismusfinanzierung. Mit dem fehlenden Finanzaspekt gewinnt der Kunsthandel in der Schweiz an Attraktivität für dubiose Transaktionen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die üblichen Vorschriften zur Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung nicht gelten sollen, wenn jemand ein Kunstwerk im Wert von mehreren Millionen Franken kauft oder verkauft.

 

Bedrohung für die Sanktionen

Sanktionen werden als politisches Instrument immer wichtiger. Jede Umgehung mindert aber ihre Wirksamkeit und untergräbt ihre Glaubwürdigkeit. Die Schweiz fährt bereits einen eigenwilligen Kurs beim Umgang mit Sanktionen. Der Schweizer Kunstmarkt und das Lagerwesen im Bereich des Zollfreilagers können leicht zum Einfallstor werden, um internationale Sanktionen zu umgehen. Es ist an der Zeit, dass die Schweiz keine derartigen Schlupflöcher mehr zulässt und den Kunsthandel, das Auktionswesen sowie das Logistik- und Lagerwesen den Regeln zur Bekämpfung der Geldwäscherei unterstellt. Das liegt im ureigenen wirtschaftlichen Interesse dieser Branchen – und es liegt vor allem im Interesse der Reputation der Schweiz.



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