Ein Geschenk wie ein trojanisches Pferd
Der Bund, 27.05.2014
Andrea Raschèr kennt sich aus auf diesem heiklen Terrain. Der Jurist verhandelte 1998 für die Schweiz bei der Ausarbeitung der Washingtoner Prinzipien, die den Umgang mit Nazi-Raubkunst regeln. Laut Raschèr erhält das Kunstmuseum ein «Danaergeschenk», ein trojanisches Pferd. Gurlitts Vater sei ein «hervorragender Kunsthistoriker» gewesen, aber auch «einer der wichtigsten Nazi-Kunsthändler». Rhetorisch fragt Raschèr – auch in Bezug auf die sogenannt entartete Kunst: «Kann es sich ein Kunstmuseum leisten, sie zu integrieren? Darf es als Profiteur auftreten?» Der Stiftungsrat des Kunstmuseums Bern sei «um seine Aufgabe nicht zu beneiden». Wie immer das Kunstmuseum entscheide: In einigen Jahren werde man es ihm womöglich als grossen Fehler ankreiden. Denn rechtlich ist noch vieles offen: Möglicherweise durfte der Erblasser Gurlitt nicht alle Werke ins Ausland verschenken. Auf solche «von nationaler Bedeutung» könnten Deutschland oder der Freistaat Bayern ihre Hand legen. Laut dem Juristen Raschèr gelten in der Schweiz und in Deutschland unterschiedliche Fristen, bis wann ein Erbe akzeptiert oder ausgeschlagen werden kann. Auch sei noch offen, ob Deutschland das Kunstmuseum als steuerbefreite Institution anerkenne. Falls nicht, fielen Erbschaftssteuern an.
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