Schweiz ist ein Umschlagplatz für den IS
Handelszeitung, 19. November 2015, von Karen Merkel, Laura Frommberg
Dabei spielt auch die Schweiz eine Rolle. In hiesigen Galerien tauchen immer wieder Kunstschätze aus Syrien oder dem Irak auf, deren Herkunft fragwürdig ist. Dabei ist die Rechtslage eigentlich klar: Erlaubt ist der Handel mit solchen Gegenständen per Gesetz nicht. «Doch die Umsetzung des Rechts gestaltet sich manchmal immer noch schwierig», sagt Andrea Raschèr. Der Experte war an der Ausarbeitung des Kulturgütertransfergesetzes beteiligt und besitzt inzwischen ein Beratungsunternehmen in Zürich. Seit 2005 regelt das Gesetz, dass «gestohlene oder gegen den Willen des Eigentümers abhandengekommene» Kulturgüter nicht eingeführt, erworben oder verkauft werden dürfen. Verstösst jemand dagegen, droht ihm das Gefängnis. Die Höchststrafe liegt bei zwei Jahren und 200 000 Franken Busse.
Seit 2003 gibt es eine Regelung zum Irak, seit Dezember 2014 eine Ergänzung zu Syrien. Gehören Antiquitäten zum kulturellen Eigentum des Landes, steht der Handel mit ihnen unter Strafe. Doch Regeln kann man mit der nötigen kriminellen Energie brechen. «Vieles im Kunsthandel passiert im Verborgenen», so Raschèr. «Und wenn es Verbote gibt, dann verlegt sich der Handel in den Untergrund.» Immerhin, so Raschèr, sei die Schweiz inzwischen deutlich transparenter als noch vor einem Jahrzehnt. «Damals war sie wirklich eine Drehscheibe für den Handel mit illegalen Antiquitäten. Jetzt gibt es zumindest die gesetzlichen Grundlagen, das zu stoppen.» Das Problem liege hierzulande darin, dass die Umsetzung «mehr Nachdruck vertragen kann». Raschèr empfiehlt unangemeldete Kontrollen bei Händlern und Zollfreilagern. Und dann gebe es ein anderes Schlupfloch: Was die Deklaration der Güter angehe, könnten Händler Grauzonen nutzen. «Dann sagt man, das sei eine alte Sammlung eines Schweizer Herrn oder das Stück sei aus dem Iran und nicht aus Syrien», so Raschèr. Die Herkunft solcher Gegenstände lasse sich schwer beweisen. Dass es Gegenstände zur Terrorfinanzierung in die Schweiz schaffen, sei indes bewiesen. «Man hat Mails und Telefonate sichergestellt, die das offenlegen.»
Und wer sind die Abnehmer für solche Güter? «Bei Sammlern spielt immer auch eine Rolle, dass ihnen ein ganz bestimmtes Stück in ihrer Sammlung fehlt.» Was erlaubt sei und was nicht, rücke dann manchmal in den Hintergrund. Zuträglich sei dem Handel mit syrischen Antiquitäten auch die Propaganda der Terroristen. Medienwirksam filmen sie sich dabei, wie sie Kulturgüter zerstören. «Manche denken sich dann wohl: Besser, ich kaufe das und bringe es in Sicherheit», so Raschèr.
2015.11.19_-_47__12_-_HZ_-_Syrien.pdf